Zitrustage 2023

Vom 18. bis 21. Mai 2023 war Wien wieder Anziehungspunkt für Zitrusbegeisterte weit über den Wiener Raum hinaus. Die Österreichische Gartenbau-Gesellschaft und die Österreichischen Bundesgärten luden zu den Wiener Zitrustagen in das Große Orangeriegebäude im Schlosspark Schönbrunn.

 

Nach den Zitrustagen ist vor den Zitrustagen

Die Arbeit an der Veranstaltung startet lange zuvor im Sommer des Vorjahres. Sobald das Thema der Sonderausstellung festgelegt ist, beginnt die Recherche. Ein erstes grobes Konzept nimmt langsam Gestalt an. Gemeinsames Brainstorming lässt aus rasch hingeworfenen Ideen Texte entstehen und reifen. Parallel zum Verfassen, Überarbeiten und Korrigieren der Texte werden Bilder zur Illustration gesucht. Im nächsten Schritt wird das Layout erarbeitet und die Ausstellungsarchitektur entwickelt.

Vor Weihnachten wird dann Kontakt zu den Ausstellern aufgenommen. Ab Jänner werden die Tätigkeiten rund um die Organisation immer mehr.

 

Ausstellungsaufbau

Sobald die Sammlung mediterraner Orangeriepflanzen Mitte Mai das Gebäude verlassen hat und im Orangerieparterre aufgestellt ist, beginnt die intensive Phase. Die schönsten und größten Zitrusbäume, die in Glashäusern im öffentlich nicht zugänglichen Feldgarten die Wintermonate verbringen, werden nun für die Dauer der Ausstellung in das Orangeriegebäude gebracht. Die ältesten unter ihnen, die 1865 von Sizilien nach Schönbrunn kamen, sind dabei die vielbewunderten Stars der Veranstaltung.

In der Woche vor der Eröffnung heißt es dann Aufbauen. Zunächst werden die großen Zitrusbäume aufgestellt, die das Gerüst der Ausstellung bilden. Für den Transport und das Zurechtrücken der Bäume werden bis zu drei Personen benötigt. Und dann wird langsam das 1.200 m² große Überwinterungsgebäude gefüllt. Die Holzgestelle für die Sortenpräsentation werden aufgestellt, ebenso die Gestelle für Stillleben, Duft- und Tastboxen, der Verpflanzbock, die historischen Transportwagen usw. usw. Parallel dazu müssen die Standflächen für die Händler genau ausgemessen werden. Dekorationspflanzen wie Duftpelargonien, Myrten, Rosmarin, Heiligenkraut, Currykraut, Sommerblumen und viele andere werden ins Gebäude gebracht und von vielen fleißigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufgestellt. Ausstellungstafeln werden angebracht, der Verkostungsbereich eingerichtet und zwischendurch Presseanfragen beantwortet, Newsletter verschickt und die Website aktualisiert. Und ganz zum Schluss kommt die Kür: Fruchtkörbchen werden gesteckt, Dekorationen arrangiert, hier und dort etwas zurechtgerückt und nochmal anders drapiert.

 

Zitrus – Genuss mit allen Sinnen

2023 war das Thema der Sonderausstellung „Zitrus – Genuss mit allen Sinnen“. Wie wir aus Theophrasts Naturgeschichte der Gewächse, entstanden im 3. vorchristlichen Jahrhundert, wissen, wurden die zuerst bekannten Zedratzitronen nicht für den Verzehr genutzt, sondern für medizinische oder schädlingsabweisende Zwecke verwendet. Bald wurden jedoch vielfältige Verwendungsmöglichkeiten entwickelt und Zitrus fanden ihren Niederschlag schließlich auch in verschiedenen Kunstformen.

Schmecken

Seit dem späten Mittelalter wurden in Europa Zitronen, Zedratzitronen und Pomeranzen in der Küche verwendet. In der Ausstellung war eine Sammlung von Rezepten des 17. Jahrhunderts zu sehen, die die große Bandbreite der kulinarischen Möglichkeiten zeigte. Da wir die Originalrezepte zum besseren Verständnis nur behutsam unserer modernen Sprache angepasst hatten, riefen die Art der Anweisungen und vor allem die Mengenangaben immer wieder Erstaunen beim Publikum hervor.

Riechen

4711 kennt vermutlich jeder, dass der Hauptbestandteil des 1704 patentierten „Kölnisch Wasser“ aus Bergamotte-Öl besteht, ist jedoch weniger bekannt. In sechs Duftboxen konnten die Besucherinnen und Besucher sehr unterschiedliche Destillate von Zitrusfrüchten riechen und erraten.

Tasten

Das Berühren der Früchte an den Bäumen oder als Dekoration in der Ausstellung ist normalerweise verboten. In einer großen Tastbox konnte das Publikum nun nach Herzenslust Buddhas Hand, Riesenzedratzitrone, Kumquat und andere betasten und die Unterschiede in Größe und Oberflächenstruktur erspüren.

Sehen

Zitrusfrüchte sind bis heute ein beliebtes Motiv in der Kunst. Vor allem in Stillleben spielen sie eine bedeutende Rolle in Hinblick auf die symbolische Bedeutung und dokumentieren Essgewohnheiten. Ein Prunkstillleben mit echten Früchten, Porzellan und Tischschmuck war Augenschmaus für das Publikum.

Hören

Wie andere Pflanzen auch, sind Zitrus als Motive in Musikstücken zu finden. Das Bedeutungsspektrum reicht von Sehnsucht bis Nonsens. Zu hören waren u. a. Schuberts Vertonung von Goethes „Kennst Du das Land“, Gilbert Bécauds kafkaeskes „L’orange du marchand“, Clyde Lawrences sich nicht reimende „Oranges“, aber auch Prokofjews Oper „Die Liebe zu den drei Orangen“.

 

Begleitprogramm

Das umfangreiche Begleitprogramm bot alle vier Tage vielfältige Führungen rund um das Thema Zitrus an: Die Grundlagen der Zitruskultur wurden täglich am Objekt ausführlich erläutert, ebenso die Besonderheiten des biologischen Pflanzenschutzes. Interessierte wurden über die komplizierten Verwandtschaftsverhältnisse aufgeklärt und es war alles über die Schönbrunner Zitrussammlung sowie das Orangeriegebäude zu erfahren. Die Glashäuser der Botanischen Sammlung waren während Spezialführungen geöffnet und die historischen Schätze der Schönbrunner Gärtnerbibliothek wurden präsentiert.

 

Verkostungen

Erstmals konnten wir seit drei Jahren wieder die beliebten Rohverkostungen von im Schlosspark Schönbrunn kultivierten Zitrusfrüchten anbieten. An je zwei Tagen entführten die  Kochbuchautorin und Foodbloggerin Katharina Seiser und die Sensorikerin Sabrina Senne fast 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die fabelhafte Welt der Zitrusaromen.

 

Aussteller

Die Zitrustage sind auch aufgrund der seit vielen Jahren teilnehmenden Händlerinnen und Händler für das Publikum attraktiv. Von Zitruspflanzen und anderen mediterranen Gewächsen über Kupfergeräte, Pflanzenstärkungsmittel, Nützlinge und biologische Mittel zur Schädlingsreduktion, Marmeladen, Honig, handgeschöpfte Schokolade, Konfekt, Pestos und salzige Brotaufstriche, Wein und Spirituosen, handgedrehte Terrakottagefäße aus Kreta, Kunsthandwerk und eine feine Auswahl von Büchern war vieles zum Thema zu finden. Ein Bio-Zitrusbetrieb aus Sizilien bot erstmals die eigene Ernte an.